Kooperationsveranstaltungen

Es geht um mehr als bunte Kabel

Diskussionsabend zu TTIP

„Fluch oder Segen? Was sich hinter TTIP verbirgt“ fragten Katholische Erwachsenenbildung (keb), Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) und Betriebsseelsorge beim Diskussionsabend am 9. März im Ravensburger Kornhaussaal. Vor rund 30 interessierten Gästen entschied Wilfried Wienen vom KAB-Grundsatzreferat diese Frage in seinem Vortrag mit der Formel „Konzerne profitieren – Menschen verlieren“. Die Verhandlungen fänden weiterhin hinter verschlossenen Türen statt, bestimmenden Einfluss hätten weiterhin die Lobbyisten der internationalen Konzerne, während Parlamentarier, Medien und Gewerkschaften eher außen vor blieben. Insgesamt sei TTIP durch und durch geprägt von der neoliberalen Ideologie des Freihandels, dass der freie Markt von sich aus mehr Wohlstand für alle schaffe, dies sei aber längst empirisch widerlegt. Zu erwartende Beschäftigungs- und Wachstumseffekte hielt Wienen eher für gering. Stattdessen würden Umweltstandards und Arbeitnehmerrechte gefährdet, weil Steuern und Regulierungen den Profit der Unternehmen schmälerten.

Nur Angleichung von technischen Standards?

Einen völlig anderen Blick auf die Vertragsverhandlungen hatte demgegenüber Dieter Broszio von der IHK Weingarten. Nicht die multinationalen Konzerne, sondern der deutsche Mittelstand würden von TTIP profitieren, wenn z.B. Zollbestimmungen vereinfacht würden oder Zölle am besten ganz wegfielen. So hätten rund 60% der Mittelständler in Baden-Württemberg die Verhandlungen als für sie sehr wichtig eingestuft. Auch die Menschen hier in der Region würden von TTIP profitieren. Als zentralen Inhalt der Verhandlungen hob Broszio die Angleichung technischer Standards hervor, wenn z.B. nicht mehr in Europa das rote Kabel für stromleitend stünde, während es in den USA das grüne sei. Befürchtungen bezüglich des Herunterfahrens von sozialen und ökologischen Standards seien unbegründet, da die nationalen Parlamente hier einen Riegel vorschieben könnten.

Was gelten in den USA Arbeitnehmerrechte?

So viel Positivem stellte Gottfried Christmann vom DGB zunächst einfach das über Jahrzehnte gewachsene Misstrauen gegen solche internationalen Handelsabkommen auf der Arbeitnehmerseite entgegen. Zwar sei die USA keine Bananenrepublik, doch hätten die Amerikaner nur zwei von acht Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ratifiziert; für ihn als Gewerkschafter nicht hinnehmbar. Vehement wehrte Christmann sich auch gegen internationale Schiedsgerichte außerhalb von rechtsstaatlichen Strukturen und unterstrich die Forderung nach einer Positivliste für bestimmte Produktbereiche, über die verhandelt würde. So hätte die öffentliche Daseinsfürsorge bei TTIP so wenig verloren wie Bildung und Kultur.

Was bringt TTIP den Menschen in den Region?

Im nachfolgenden Gespräch mit einem gut informierten und kritischen Publikum wurde schnell klar, dass der Abbau von unterschiedlichen technischen Standards beiderseits des Atlantiks nicht das Problem ist. Dass erst auf massiven Druck der Öffentlichkeit die Verhandlungsunterlagen teilweise öffentlich gemacht wurden, hat bei vielen das Misstrauen eher vertieft. Der Schlussfolgerung, dass, was der (mittelständischen) Wirtschaft nütze, auch für die Menschen von Vorteil sei, mochten sich die wenigsten anschließen, auch weil dies bisher nur durch Annahmen und Modellrechnungen belegt sei.

Foto v.l.n.r. Gottfried Christmann, Dieter Broszio, Werner Langenbacher (Moderation), Wilfried Wienen
Text und Foto: Siegfried Welz-Hildebrand

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